Der Wetterbericht hatte Recht, aber nur für den Tag. Die ganze Nacht hat es wie
aus Eimern gegossen, zum Teil gewittrig. Das Zelt blieb dicht. Durch die Kälte
(Beschlag an den Zeltwänden) ist es aber von innen ganz feucht, so dass ich
ein ganz nasses Zelt einpacken muss. Die Temperatur liegt deutlich unter 10 Grad,
ich fahre frierend und hungrig los.
Zum Glück gibt es im nächsten Ort nach 2 km ein Hotel, wo ich für 7,50 Euro ein
gutes Frühstück bekomme. Inzwischen ist die Sonne herausgekommen, aber immer noch
ein lausig kalter Wind, der sich auch den ganzen Tag nicht ändert.
Der Rhein-Radweg ist meistens gut, aber manchmal auch gepflastert, manchmal sehr eng,
heute teilweise sehr voll, zumindest in der Nähe von Städten. Die gefürchteten
Bollerkarren ziehenden Männerhorden halten sich in Grenzen (heute ist Himmelfahrtstag).
Am deutschen Eck in Koblenz mache ich Pause; ein Holländer hat auch ein schwer
bepacktes Rad mit Regenschutz (Erkennungzeichen der Fernradfahrer). Er will nach
Rom, fährt aber nur 90 km am Tag.
In Bingen dicht hinter der Nahe-Mündung verlasse ich zunächst den Rhein und
biege nach Süden ab. Hier ist es teilweise sehr hügelig; gutes Training für die
Alpen.Ich fahre quer übers Land in Richtung Worms, wo ich wieder an den Rhein
kommen will.
Das Vorderrad meldet sich wieder mit dem von den Nordkapfahrt bekannten Knacken.
Diesmal ist es aber viel lauter; das ganze Rad vibriert dabei. Zwischendurch
knirscht es jetzt aber auch, und man hört manchmal ein Schleifen. Ds sind eindeutig
nicht die Speichen, sondern es liegt am Radlager. In Worms muss ich morgen eine
Werkstatt aufsuchen; mit so einem Vorderrad kann ich nicht nach Sizilien fahren.
Es ist auch zu gefährlich. Ich habe Angst, es könnte plötzlich blockieren.
Nun wird es langsam dunkel, und ich fahre mit Licht. In Abenheim kurz vor Worms
frage ich in einer Gaststätte nach einem Zimmer, weil kein Campingplatz in der
Nähe ist. Dort hat man keine Gästezimmer, aber ein Gast aus dem Ort lädt mich
ein, in der Wohnung seiner Erntehelfer, die gestern ausgezogen sind, kostenlos
zu übernachten. Es ist wohl Landwirt und ein furchtbar netter Kerl. Ich willige
ein und gehe mit. Die kleine Wohnung ist wunderbar. Heute nacht werde ich wohl
wieder gut schlafen. Mal sehn, wie weit ich morgen komme.
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