Nach einem guten Frühstück mit in der eigenen Backstube gebackenen noch warmen
Brötchen starte ich bei Sonnenschein und wenigen Wolken. Doch es ist lausig kalt,
und der Wind ist nur etwas schwächer geworden. Aber ohne Regen ist alles gleich
viel besser. Nach wenigen km komme ich bei Grenzhausen an eine (zugegebenermaßen)
angekündigte Vollsperrung wegen eines Brückenneubaus. Aber ich dachte, dass man
mit dem Fahrrad eigentlich immer trotzdem durchkommt. Andernfalls hätte ich einen
ziemlichen Umweg fahren müssen. Aber hier war auch beim besten Willen nicht
vorbeizukommen. Zum Glück begegneten mir 2 Radfahrer, die mir eine versteckte
Fußgängerbrücke in der Nähe zeigten.
Ab Heitersheim will ich den Rheinknick bei Basel abkürzen, indem ich südlich an
Kandern vorbei nach Lörrach und dann nach Rheinfelden fahre. Das ist auch eine
Abkürzung, aber nur von der Entfernung her, nicht von der Zeit. Ständige
Steigungen und Gefälle machen mich insgesamt langsam, geben aber ein gutes
Training für die Alpen.
Kurz vor Lörrach fahre ich mal wieder auf einem Fahrradweg etwa 3m unterhalb der
Hauptstraße, auf der gerade ein Trupp von 4 Rennradfahrern an mir vorbeizieht
(natürlich langsam). In diesem Augenblick stürzt der letzte Fahrer und kugelt
direkt hinter mir die ganze Böschung herunter. Er war zu dicht auf den Vordermann
gefahren. Doch er fällt weich und tut sich nichts, auch sein Fahrrad bliebt heil.
In Lörrach mache ich in einem Cafe eine längere Pause zum Aufwärmen und frage nach
einem Internetcafe. Doch einzige Internetcafe des Ortes hat Sonntags geschlossen.
Nach Lörrach geht es zunächst ca. 4 km ziemlich bergauf, dann aber nach Rheinfelden
10 km nur bergab, dazu jetzt mit Rückenwind. Das macht riesig Spaß, nur wird mir
ziemlich kalt dabei. Das ist überhaupt bei niedrigen Grundtemperaturen ein großes
Problem: Beim Bergauffahren schwitzt man extrem, beim Hinunterfahren zieht man die
Jacke schnell ganz zu und friert immer noch. Aber was solls; hierbei habe ich mich
seltsamerweise noch nie erkältet.
In Rheinfelden geht es über den Rhein in die Schweiz. Hier komme ich gut voran,
einmal davon abgesehen, dass auf dem Weg nach Brugg ein 569 m hoher Pass überwunden
werden muss. Wie gesagt, gutes Training.
In Brugg werde ich auf einen Fahrradweg gezwungen, der so verwinkelt und zum Teil
über Kasernengelände führt, dass ich nicht mehr weiß, wo ich bin, als ich wieder auf
eine Straße komme. Das ist oft das Übel bei den Fahrradwegen. Sie sind an den
entscheidenden Stellen nicht oder unzureichend beschildert. Ich fahre auch zuerst
prompt in die falsche Richtung, erkenne aber meinen Irrtum ziemlich schnell.
Ich bin von den vielen Steigungen jetzt doch ziemlich müde. Außerdem ist es schon
nach 20 h. An die früheren Durchschnittsstrecken von über 150 km pro Tag komme ich
im Augenblick nicht heran.
Leider liegt kein Campingplatz an der Strecke, und so beschließe ich in Muri,
in ein Hotel zu gehen. Im ganzen Ort hat nur ein einziges Hotel geöffnet. Die
Leute sind freundlich, der Empfangschef ist selbst Radfahrer, will mir aber 95
Schweizer Franken für eine Übernachtung mit Frühstück abnehmen. Auf meine Frage,
ob er nicht etwas preiswerteres hat, meint er, das sei schon der niedrigste Preis,
in der Schweiz wären Hotels nun mal so teuer. Aber er will es mir für 90 Franken
lassen. Ich dusche ausgiebig und genehmige mir noch eine Portion Spaghetti.
Ich habe im Augenblick immer so einen Riesenhunger, und ohne Brennstoff kann ich
die morgige Strecke nicht schaffen. Immerhin ist der St. Gotthard-Pass 2108 m hoch.
Ich bin mal gespannt, ob er offen ist.
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