Die italienischen Wettervorhersagen sind auch nicht besser als sonstwo auf der
Welt. Wir starten bei schönem Sonnenschein. Der Stadtkern von Paolo ist wirklich
interessant. Enge und steile Durchgänge und Treppen prägen das Stadtbild. Wir
kommen an einem Schmied vorbei, der gerade sein Holzkohlenfeuer anheizt.
Zur Hauptstraße geht es noch weiter bergauf, was wir schon gar nicht mehr für
möglich gehalten haben. Doch dann schließt sich eine lange ebene Strecke an,
wobei ein kräftiger Rückenwind uns gut vorwärts schiebt. Wenn das so weiter geht,
kommen wir früh an unserem heutigen Ziel, Tropea, an.
Doch zu früh gefreut. Nach 20 km springt Michaels Kette dauernd um. Er will die
Schaltung nachjustieren, aber es stellt sich heraus, dass ein Kettenglied defekt
ist. Ich muss mein Werkzeug auspacken (ist natürlich in der letzten Tasche ganz
unten, so dass ich alles Gepäck abnehmen muss) und das Kettenglied entfernen.
Gut, dass ich das passende Werkzeug und auch einen Ersatz-Kettenstift dabei habe.
Nach eine halben Stunde können wir weiterfahren; alles klappt wieder wie neu.
Natürlich machen wir an der nächsten Snack-Bar halt und trinken einen Cappuccino,
nachdem ich mir die Hände einigermaßen wieder sauber gemacht habe.
An einem Strandabschnitt hinter Amantea sehen wir Wellensurfer, die ein Segel
ähnlich wie einen Stranddrachen führen und sich von ihm ziehen lassen. Einer
von ihnen nutzt die Wellen, um über fünf Meter hohe akrobatische Sprünge zu
vollführen. Wahnsinn!
Doch hinter den Surfern wird der Himmel immer dunkler. Und tatsächlich: nachdem
wir den Flughafen Lamezia hinter uns haben, fängt ein heftiger Schauer an. Wir
fahren in Regenzeug weiter, bis ein Wolkenbruch losgeht. Zum Glück ist ein
Unterstand in der Nähe, wo wir den schweren Schauer abwarten können.
Zur Stadt Pizzo müssen wir uns wieder ziemlich nach oben arbeiten, werden aber
auch hier wieder von einer herrlichen Aussicht auf den Fußrücken der Stiefelspitze
Italiens belohnt. Tief unter uns donnert die Brandung gegen die Hafenmauern; der
Küstenverlauf verliert sich in der Ferne. Wolken und Sonne wechseln sich ab.
Da gibt es an meinem Hinterrad ohne besonderen Grund plötzlich einen lauten
Knall. Danach ist das Rad etwas instabil. Ich sehe nach: eine Speiche ist
gebrochen. Nun gut, dieses Rad hat ja auch schon über 20000 km auf dem Buckel,
und noch nie ist eine Speiche gebrochen. Irgendwann musste es ja einmal passieren.
Ich frage mich nur, warum das nicht bei der viel größeren Belastung in Neapel
geschah. Weiterfahren will ich damit nicht mehr, weil dann erfahrungsgemäß
schnell die nächste Speiche bricht. Also packe ich wieder ab, hole mein Werkzeug,
baue das Rad auseinander (Hinterrad ausbauen, Mantel und Schlauch herunternehmen,
Felgenband entfernen) und wechsele die Speiche aus. Zum Glück befindet sie sich
nicht auf der Zahnkranzseite, so dass ich die Kassette nicht abnehmen muss. Also
habe ich die Ersatzspeichen doch nicht vergeblich mitgenommen. Danach baue ich
alles wieder zusammen, zentriere das Rad so einigermaßen und kann wiederum nach
einer halben Stunde weiterfahren.
Gegen 19 h kommen wir in dem hübschen Städtchen Tropea an und finden auch nach
einmaliger Nachfrage sofort ein Hotel. Wieder tut die Dusche sehr gut. Der Stadtkern
von Tropea ist auch sehr hübsch, am Ende der Hauptstraße befindet man sich hoch
über dem Meer. Hier hat man eine schöne Aussicht. Wir sind fast fertig mit dem Essen
in einem der vielen Restaurants, wo die Gäste draußen unter großen Sonnenschirmen
sitzen (wir auch), als ein wolkenbruchartiger Schauer herunterkommt. Wir werden
nicht nass, aber einige Gäste müssen den Tische wechseln. Als die Rechnung kommt,
hat der Kellner für meine Pizza 8 statt 5 Euro, die in der Karte angegeben waren, aufgeschrieben.
Auf unseren Prostest hin ist er auch mit 5 Euro zufrieden. Ich frage mich, ob das
hier öfter so gemacht wird.
Hoffentlich ist die Internetverbindung heute besser. Gestern wurde der Upload der
Bilder ständig wegen Zeitüberschreitung abgebrochen, und dann ging gar nichts mehr.
Morgen werden wir wohl Sizilien erreichen. Bin schon gespannt auf die Fähre. Zu
unserem endgültigen Ziel, Catania, werden wir es morgen aber noch nicht schaffen.
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