Auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen zum Erholen in nicht allzu großer Entfernung
von Catania, unserem Flughafen für den Rückflug, finden wir auf der Karte ein Stück Strand
südlich der Mündung des Alcantara-Flusses, das uns von der Lage her geeignet erscheint. Wir wissen
zwar nicht, ob sich dort auch eine passende Unterkunft befindet. Doch als wir die 2 km von der Hauptstraße
in Richtung Strand gefahren sind, finden wir in unmittelbarer Nähe eine schön zum Hotel ausgebaute
alte Residenz mit einem herrlichen Gelände und Swimmingpool. Michael ist total begeistert und findet mit
Hilfe seiner sehr guten Sprachkenntnisse schnell heraus, dass der Besitzer mit seiner Familie auch hier
wohnt und die Anlage bewirtschaftet.
Der Strand ist wunderbar, das Wasser kristallklar und ca. 17 Grad warm. Es ist herrlich erfrischend.
Am nächsten Tag besuchen wir Taormina, ein malerisches Städtchen 200 m oberhalb der Felsküste mit reichlich
Geschichte. Hier ist Goethe schon gewesen. Das ist wohl der Grund, warum es dermaßen voll von Touristen ist.
Vom griechischen Theater hat man einen schönen Blick auf den Ätna.
Ein geplanter Ausflug nach Palermo mit dem Zug endet kläglich in Messina, weil der Anschlusszug nach Palermo
wegen eines technischen Defekts ausfällt. Der nächste Zug geht erst so spät, dass eine Rückkehr am selben Tag
nicht mehr möglich ist. Also lassen wir uns das Geld zurückgeben (was enorm kompliziert ist) und kehren nach
San Marco zurück. Am anderen Tag versucht es Michael allein nochmals. Ich will nicht mehr, der Strand ist mir
lieber. Er schafft es tatsächlich, hat aber nur drei Stunden, um sich die Hauptstadt Siziliens anzusehen.
Am Dienstag, dem nächsten Tag, wollen wir mit den Rädern auf den Ätna fahren. Natürlich nur, soweit es geht.
Wir erfahren, dass die Straßen im Norden zum Teil durch den Ausbruch vor 2 Jahren zerstört wurden. Daher fahren
wir zur südlichen Seite. Bis Giarre bleiben wir annähernd in Meereshöhe. Doch die nächsten 20 km geht es fast
ununterbrochen bergauf. Über Zafferana geht es mit durchschnittlich 10% Steigung zur Rifugio sapienza (Zuflucht
der Weisheit), der südlichen Ätnastation in ca. 2000 m Höhe. Bis hierher kann man fahren, und von dort geht
eine Seilbahn noch höher hinauf. Man kann dann relativ nahe an den Hauptkrater kommen, indem man sich von
einem Bergführer in einem Geländewagen zum Torre del Filosofo fahren lässt, aber die Seilbahn hat bei unserer
Ankunft nur noch eine halbe Stunde geöffnet, und da lohnt es sich nicht mehr. Außerdem erscheinen mir 42 Euro
auch für einen Ausflug auf 3300 m Höhe unangemessen, zumal man nicht an den aktiven Krater gelangt.
Doch auch in 2000 m Höhe ist die Landschaft sehr interessant. Überall finden sich hier oberhalb der Baumgrenze
alte Krater, deren Ränder einfach zu ersteigen sind. Die Lava- und Aschesteine sind meist schwarz bis grau,
manche aber auch feuerrot. Insgesamt überwiegen dunkle Töne. Die fast immer aus dem Ätna aufsteigende Rauchwolke
bildet wohl den Kristallisationskeim für die dicken Wolken, die hier den Himmel bedecken und der ohnehin dunklen
und fremdartigen Landschaft eine düstere bis gefährliche Note geben. Dabei ist der Ätna gar kein gefährlicher
Vulkan wie etwa der Vesuv oder Mt. Helen. Er hat einen relativ breiten Magma-Schacht und könnte deshalb nie
plötzlich explodieren. Die Lava bei seinen Ausbrüchen fließt langsam und lässt praktisch immer Zeit zur Flucht.
Zudem hat man von hier oben eine großartige Aussicht nach Süden und Westen, die wir aber wegen der hier
herrschenden Temperatur von 8 Grad nicht lange genießen wollen. Nach einigen Fotos und 2 Cappuccinos zum
Aufwärmen geht es mit Pullover und Windjacke 20 km herrlich bergab. Wir setzen ein ernormes Vertrauen in unsere
Bremsen, die uns auch nicht im Stich lassen. Insgesamt ein tolles Erlebnis und vielleicht auch ein Ersatz für
die ausgefallene Überquerung des Gotthardt-Passes, auch wenn es sich ohne Gepäck natürlich viel leichter fährt.
Am Donnerstag wollen wir uns Syrakus im Süden der Insel ansehen. Sizilien hat ja eine äußerst bewegte Vergangenheit mit
unzähligen Eroberungen und Fremdherrschaften. Wir laufen etwa eine Stunde bis zum Bahnhof in Fiumefreddo,
der nächsten Stadt in Richtung Süden. Am Bahnhof erfahren wir dann, dass heute genau zwei Züge nach Syrakus
(etwa 80 km) fahren, der eine morgens um 6, der andere nachmittags um 3. Das bedeutet im Klartext: der nächste
Reinfall. Sizilien will einfach nicht, dass ich die historischen Städte besuche. Michael fährt nach Catania;
ich gehe zurück an den Strand.
Die Tage gehen schnell vorbei, auch wenn ich mich auf die Rückkehr freue. Am Samstag fahren wir früh die
50 km bis zum völlig überfüllten Flughafen von Catania, obwohl unser Flug erst abends geht. Wir erfahren, dass
wegen eines Fluglotsenstreiks die Flüge 4 Stunden Verspätung haben. Doch nachmittags um 4 ist der Streik
beendet, wir kommen fast pünktlich weg und landen eine halbe Stunde vor Mitternacht in Düsseldorf. Es ist schon
ein wenig frustrierend, dass das Flugzeug nur zweieinhalb Stunden für die Strecke braucht, die ich in 18 Tagen
zurückgelegt habe.
Doch es ist natürlich wie immer: Der Weg ist das Ziel. Wir haben wieder einmal eine
spannende und wunderschöne Fahrradtour erlebt, mit vielen neuen Eindrücken und Erlebnissen. Wir haben herrliche
Küsten gesehen und "erfahren", nette und interessante Menschen kennengelernt und sind (zumindest zum Schluss)
von der Sonne verwöhnt worden.
Zur Nachahmung empfohlen!
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