Als ich am Abend von der Tankstelle mit Internetzugang zum Zelt zurückkehre, bittet mich ein Campingnachbar noch zu einer Tasse Tee. Es sind Russen, die mit dem Flugzeug gekommen sind und nun in Montenegro ausgedehnte Fahrradtouren unternehmen, insgesamt ca. 600 km. Wir unterhalten uns lange auf englisch, was zumindest einer von ihnen gut kann. Ungeduscht fühle ich mich um Schlafsack ausgesprochen unwohl, werde schon um 6 Uhr wach. Einer der Russen kommt gerade aus der Dusche, wo ich keine vermutet hätte. Sie hat sogar warmes Wasser und ist erträglich sauber, so dass ich das Duschen schleunigst nachhole. Direkt neben dem Campingplatz ist ein Hotel, wo man frühstücken kann. Der Kellner ist aber ausgesprochen unfreundlich. Ich darf mein Fahrrad nicht in Sichtweite abstellen, also gehe ich wieder und frühstücke 8 km weiter oberhalb von Sveti Stefan im Sonnenschein. Die Küstenstraße führt oft ein wenig ins Landesinnere hoch auf die Berge und dann wieder hinunter zum Meer. Teilweise sind die Felsen am Meer mehr als 200 m hoch. Es geht dann 2-3 km mächtig bergauf und dann genauso mächtig wieder hinunter. Ich empfinde das anstrengender als Passfahrten in den Alpen. Nach einem besonders langen Anstieg kurz vor Bar mache ich eine Pause, während der eine Gruppe italienischer Fahrradfahrer ankommt. Sie kommen aus Bologna, sind über Triest, Rijeka, Split und Dubrovnik gefahren. Ihr Gepäck wird von einem Bus transportiert. Ein Teil von ihnen fährt von Albanien mit der Fähre bis Bari in Italien und kehrt dann nach Bolgna zurück, ein anderer Teil will bis Instanbul. Sie sind ausgesprochen nett und erkundigen sich nach meiner Reise. Ein Tunnel, von denen es wieder mehrere gibt, ist 300 m lang und nicht beleuchtet. Mitten im Tunnel sehe ich nichts mehr; es geht bergauf, der Dynamo ist zwar eingeschaltet, bringt aber bei der langsamen Geschwindigkeit kein ausreichendes Licht. Ich sehe nicht mehr, wo ich hinfahre. Zudem kommt mitten im Tunnel ein Lastwagen von hinten. Ich halte an und taste mich ganz an den rechten Rand, der mit Müll übersät ist. Es geht alles gut, und ich atme auf, als der Tunnel hinter mir liegt. Ich möchte gerne von Bar direkt in Richtung Albanien fahren und sehe auf der Karte auch mehrere Straßen eingezeichnet. Auf diese Straßen gibt es aber keine Hinweisschilder; es gehen auch keine Straßen von der Hauptstraße ab. So fahre ich dann bis Ulcinj und dann wieder nach Norden. Laut Karte habe ich jetzt einen Umweg von 15 km gemacht. Hinter Ulcinj sehe dann ein Hinweisschild zu einem der Orte, durch die die Abkürzung gehen sollte. Dieser Weg ist nicht asphaltiert. Da bin ich froh, dass ich die Abkürzung nicht gefunden habe. Bis zur albanischen Grenze ist die Hauptstraße jetzt schmal. Es herrscht wenig Verkehr. Unangenehm ist aber eine fast 6 km lange Baustelle mit grobem Schotter, die mich gründlich durchschüttelt. Der Staub durch die Autos nimmt mir teilweise die Sicht. Endlich komme ich an die albanische Grenze, wo ca. 10 Autos auf die Abfertigung warten. Ich darf den Fußgängerdurchgang nehmen und komme sofort durch. Kurz hinter der Grenze treffe ich die Italiener wieder, mit denen ich ca. 15 km zusammen fahre. Dann biege ich zu dem einzigen in dieser Gegend auf der Karte verzeichneten Campingplatz ab, den ich nach 6 km erreiche. Er ist offen und sauber, heiße Dusche, man spricht englisch und hat Internetzugang! Bisher hat mir Albanien gut gefallen. Mal sehen, wie weit ich morgen komme. |