13.6.2003, 17. Tag, 2627 km, Kolari

In der Nacht, sofern man das so nennen kann (es wird überhaupt nicht mehr dunkel), sank die Temperatur unter 0 Grad, aber als ich um 7 aufstand, war sie schon wieder im positiven Bereich, aber nicht sehr. Bei 5 Grad bin ich losgefahren, fast ständig bergauf, einen Fluss entlang. Nach kurzer Zeit war ich wieder nassgeschwitzt, trotz des kalten Nordwinds. Jedenfalls fing ich so erbärmlich an zu frieren wie noch nie in meinem Leben. Ich habe alles an Kleidung angezogen, was ich hatte, aber mit nassen Sachen wird man einfach nicht warm. Zudem kam ich kaum voran, so dass ich beschloss, bei der nächsten Übernachtungsmöglichkeit für heute Schluss zu machen.
Doch es kam keine. Als ich nach 85 km nach Pajala kam, war es schon etwas wärmer geworden, und ich fand ein Cafe, wo ich erst einmal 5 Stückchen Kuchen aß und 3 große Tassen heißen Kaffee trank. Danach fühlte ich mich schon viel besser und fragte nicht mehr nach dem nächsten Zimmer, sondern nach dem kürzesten Weg nach Finnland.
Im Cafe wartete ein junger Mann auf den Bus nach Lulea, mit dem ich mich eine ganze Zeit auf englisch gut unterhalten habe. Er erzählte, wie das Leben so ist im hohen Norden. Er meinte, dass es für diese Jahreszeit ungewöhnlich kühl sei, sonst wären es auch hier bis zu 30 Grad, aber wohl erst im August. Man kann dann sogar in den vielen Flüssen und Seen baden. Das kann ich mir im Augenblick beim besten Willen nicht vorstellen.
Ich fuhr also weiter nach Finnland durch einen Ort namens Kolari, und weil hier die letzte Übernachtungsmöglichkeit für die nächsten 80 km war, blieb ich hier. Ich konnte mein Zelt direkt am Fluss aufstellen, auch hier gibt es eine Sauna, die schon angeheizt ist. Ich habe nur gerade eine Riesenpizza gegessen, schreibe diesen Bericht und werde dann noch einmal einen gemütlichen Saunaabend haben. Den habe ich heute auch wieder bitter nötig. Unter normalen Umständen wäre ich bei dieser Kälte schon längst krank geworden, so fühle ich mich aber bis auf den ewigen Schnupfen ganz wohl.
Morgen will ich weiter über Muonio und dann in Richtung Norwegen, das ich morgen aber sicher noch nicht erreichen werde. Unter diesen Umständen (Kälte, Gegenwind, Berge) bin ich froh, wenn ich 100 km am Tag schaffe.


Der Polarkreis macht seinem Namen alle Ehre

Diese Rentiere standen vorher mitten auf der Straße, vor Autos flüchten sie nicht, aber vor Fahrrädern. Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum die Schweden dann auf den Straßen dermaßen rasen (bis zu 150 km/h!). Elche waren bisher nicht zu sehen.

Im warmen Cafe sieht die Welt schon wieder ganz anders aus!

Links der junge Mann, der mir einiges über die Gegend erzählte. Rechts daneben die Frau vom Cafe, die mir für meine schwedischen Restmünzen mehr Kaffee und Kuchen gab als diese eigentlich kosteten

Die letzten Kilometer in Schweden

Jetzt bin ich zum ersten Mal in Finnland

Blick aus meinem Zelt