Heute früh um 5 wurde ich von einem unangenehmen Geruch geweckt. Ich hatte schon beim Schlafengehen etwas bemerkt,
war aber zu müde, um darauf zu achten. Ich weiß nicht, ob es ein Kraut war oder eine tierische Ausscheidung in
unmittelbarer Nähe des Zeltplatzes, auf jeden hielt ich es nicht mehr im Schlafsack aus und stand noch vor 6 Uhr
auf, machte mich fertig und fuhr los.
Es stellte sich heraus, dass ich gut daran getan hatte. Scheinbar endlose Steigungen, konstanter kalter
Nordwind und (Schnee-)Regenschauer hinderten mich sehr am normalen Weiterkommen. Kurz vor der norwegischen Grenze
kam ich in einen Souvenirladen, wo man mir extra einen heissen Kaffee für 1 Euro kochte.
Nach der Grenze wurde es dann sehr ungemütlich. Wie außerordentlich froh war ich über die neuerstandenen
Handschuhe! Ich hätte auch an dicke Socken und Stulpen für die Schuhe denken sollen, aber wer hätte denn mit solchem
Wetter ernsthaft gerechnet?
Die Gegend wurde immer trostloser. Es ist hier ein ausgesprochener Mangel an Ortschaften und Anwesen
festzustellen und damit auch an Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten. Reichlich vorhanden sind Flechten
und Moose,verkrüppelte Birken, Straßenkilometer und im Überfluss Wassertropfen. Es ist immer noch wenig Verkehr,
aber doch deutlich mehr als in Finnland. Dafür ist Norwegen deutlich teurer als Finnland, zum Ausgleich ist aber
die Qualität schlechter (zumindest nach meinen bisherigen Erfahrungen). Hier muss man wieder für die Dusche extra
bezahlen.
Mittags kam ich in Kautokeino an und hatte schon überlegt, hier zu übernachten. In einem Restaurant erstand
ich eine Gulaschsuppe vom Rentier, die mit zwei Brötchen 115 Kronen (10 Euro) kostete. Der Nachschlag war
kostenlos, daher aß ich zwei Teller Suppe. Ich habe hier einen mordsmäßigen Hunger, irgendwie schmeckt mir alles.
Satt und aufgewärmt war ich dann in der Lage weiterzufahren, nachdem man mir versichert hatte, dass in Masi
Übernachtungsmöglichkeiten angeboten werden. Doch die Kilometer zogen und zogen sich. Das Gelände ist sehr
hügelig, fast mit dem Sauerland zu vergleichen. Bergauf zieht das Gepäck, bergab ist sofort der Gegenwind da, so
dass man froh sein muss, wenn man bergab (mit Treten!) auf 20 km/h kommt. Doch ich will nicht jammern. Am
Nachmittag hat es nämlich nicht mehr geregnet, und das ist viel wert.
Ich war trotzdem erleichtert, dass die Information stimmte. Ich bekam eine Hütte für 200 Kronen (18 Euro), die
geheizt und trocken ist, auch wenn ich zur Toilette und zum Waschraum ca. 200 m gehen muss. Ich habe einfach
genug im Zelt gefroren und möchte es jetzt eine Nacht warm haben. Außerdem ist in der Hütte Strom, so kann ich in
Ruhe diesen Bericht schreiben.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mir eMails schreiben. Natürlich lese ich sie alle,
kann aber aus Zeitgründen nicht alle beantworten. Ich bin dankbar für jede Aufmunterung. Einige schrieben mir,
dass das vordere Knacken am Fahrrad am ehesten von den Speichen komme, und das stimmt auch. Wenn ich genau hinhöre,
bestätigt sich das. Sie sind aber alle fest, so dass ich mir darüber jetzt keine Sorgen mehr mache. Die
Kugellager der Vorderachse hatte ich schon in Schweden überprüfen lassen.
Heute bin ich nur noch müde und will so früh wie möglich schlafen.
Das Ziel ist jetzt in greifbare Nähe gerückt. Wenn ich morgen und übermorgen jeweils 175 km fahren könnte,
wäre ich übermorgen da. Doch nach 175 km ist weit und breit keine Übernachtungsmöglichkeit, außerdem
liegen viele Steigungen dazwischen, und das Wetter hat sich nicht grundlegend geändert. Daher habe ich beschlossen,
mir jetzt zum Schluss keinen Stress zu machen. Ich werde morgen in aller Ruhe nach Alta fahren (ca 80 km), mich
dort am Flughafen schon einmal nach den Rückflugmöglichkeiten erkundigen, in Alta übernachten und dann in zwei
weiteren Etappen zum Nordkap fahren.
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