Wieder regnet es in der Nacht. Als ich aufstehe, ist mal eine kurze Regenpause, so dass ich trocken einpacken kann. Es hat sich ziemlich abgekühlt. Als ich bezahlen will, ist kein Mensch da, auch nicht auf das Schellen hin. Von diesem Campingplatz bin ich bedient und fahre einfach los. Was bleibt mir auch sonst übrig? Direkt neben dem Campingplatz geht ein Weg über das Wehr des Staudamms, der den Tejo hier aufstaut. Aus dem Tal des Tejo geht es aber ganz schön bergauf. Damit es mir dabei nicht zu warm wird, beginnt es wieder zu regnen, diesmal heftiger, so dass ich ziemlich durchnässt werde. Die Steigung nimmt kein Ende. Aber ich friere nicht, das ist ja schon mal was. Etwas später hört der Regen langsam auf, die Sonne lässt sich jedoch nicht viel blicken, dies erst gegen Abend. Eine Zeitlang sieht man auf fast jedem Telegrafenmast ein Storchennest, in dem zumeist ein Pärchen sitzt. Sie stören sich überhaupt nicht an dem Verkehr. Neben der Straße steht ein Korktransporter. Es stimmt also nicht, dass es keinen portugiesischen Kork mehr gibt. In der ganzen Gegend sieht man viele Korkeichen, von denen die Rinde bis ca 2 m Höhe entfernt wurde. Auf dem nackten Stamm steht eine Zahl, manchmal 2005 oder auch nur eine Ziffer. Deshalb glaube ich, dass es die Jehreszahl der letzten Rindenernte ist. Wie lange die Rinde braucht, bis sie nachgewachsen ist, weiß ich nicht. Es könnten um die 10 Jahre sein. Kurz nach Mora treffe ich zwei weitere Fernradfahrer. Sie kommen aus Oberösterreich und haben sich vorgenommen, alle Hauptstädte Europas zu besuchen. Diesmal ist ihr Ziel Lissabon, das sie morgen erreichen wollen. Dann ist ihre Reise zu Ende. Sie machen auch am Tag etwa 150 km, schlafen aber im Hotel. Sehr nette Leute. Fernradfahrer erkennt man immer am Gepäck. Wer sonst schleppt so viel auf dem Fahrrad mit? Heute ist das Vorwärtskommen nicht mehr so schwer, weil nach einem Drittel der Strecke keine wesentlichen Steigungen mehr vorkommen. Da kann auch der heftige Gegenwind nicht allzusehr stören. In Arraiolos, ca. 25 km vor dem Ziel, passiert es dann: an dem (neuen) Hinterrad macht es Knack, und das Fahren wird sofort instabil. Die Bremse schleift. Diagnose ohne Nachzudenken: Speichenbruch. In aller Ruhe lade ich das Gepäck ab, baue das Hinterrad aus, entferne den Zahnkranz, den Schlauch und die Decke und baue eine neue Speiche ein, von denen ich zum Glück einige in Reserve mitgenommen habe. Danach werden der Zahnkranz, Schlauch und Decke wieder montiert, aufgepumpt und das Rad wieder eingebaut. Dann wird noch kurz zentriert, und es kann weitergehen. Weil ich vollkommen verdreckt bin, frage ich im nächsten Cafe nach einem Waschbecken. Man gibt mir Spülkonzentrat dazu, und ich bekomme die Hände wieder sauber. Natürlich trinke dort einen Kaffee. Die letzten 25 km nach Evora gehen fix, weil es fast nur bergab geht. Im Zentrum von Evora zeigt mir ein Mann auf einem Stadtplan, wo der Campingplatz liegt, den ich auch gut finde. Hier gibt es ein Restaurant gegenüber, wo ich ausgiebig speise und diesen Bericht schreibe. Morgen werde ich noch nicht bis Albufeira kommen, aber übermorgen bestimmt. |