Im Restaurant bekomme ich ein gutes Frühstück. Hier habe ich auch eine Steckdose, so dass ich die Gegelenheit nutze, den gestrigen Bericht zu schreiben. Ins Internet komme ich aber mit meinem Handy nicht mehr; Verbindung verweigert. Offensichtlich gönnen mir die französischen Netzbetreiber keinen Datenverkehr mehr. Den Grund kann ich nicht herausfinden, ich mache alles so wie vorher. Naja, dann bin ich eben darauf angewiesen, Internetcafes zu finden. Daher kann es schon einmal etwas länger dauern, bis der aktuelle Bericht im Internet ist. Die Sonne scheint, es weht aber ein sehr strammer Wind, zunächst aus Nordwest, später aus West. Das bedeutet, dass ich heute ständig gegen starken Wind fahren muss. Ich trete mich fast tot, und trotzdem kann ich oft nicht schneller als 10 km/h fahren. Das ist frustrierend und psychisch und körperlich sehr ermüdend. Irgendwie gibt es beim Fahrradfahren nichts Sinnloseres als gegen den Wind zu fahren. Die investierte Energie wird nicht mehr zurückgegeben wie z.B. beim Bergfahren. Selbst bergab muss ich treten , damit ich nicht stehenbleibe. Nur mühsam komme ich voran. Kein Gedanke mehr an 200 km. Ich bin froh, wenn ich 100 schaffe. Mal sehen. Ich muss häufig eine Pause machen, an einer Stelle geht die Straße über 10 km direkt am Strand entlang. Im Windschatten der Straße ruhe ich aus, was mir gut tut. Auf einem farbenfrohen Markt unterwegs habe ich drei Bananen gekauft, die ich auf dieser Tour sehr schätze. Doch dann geht es wieder weiter, immer gegen den Wind. Je mehr sich mein Weg von westlich nach südwestlich neigt, desto mehr dreht sich der Wind in dieselbe Richtung. Es ist zum Verzweifeln. Unterwegs treffe ich zwei Schotten, deutlich über 60 Jahre alt. Sie sind auf Rennrädern mit sehr wenig Gepäck unterwegs von Marseille nach Barcelona. Über die Pyrenäen wollen sie aber einen Zug nehmen. Ich nicht. Noch mehrmals auf der Strecke treffe ich sie. In Sete pulsiert das Leben. Auf allen Straßen der Innenstadt ist Markt, teilweise ist kein Durchkommen. Ich suche aber ein Internetcafe. Die Passanten, die ich frage, zucken nur mit den Schultern, auch junge Leute. Mit Mühe finde ich das Office du Tourisme. Hier erklärt man mir, wo ich eins finden kann. Ich war daran vorbeigelaufen. Doch es klappt alles. Ich freue sehr, dass mir einige Leute geschrieben haben, das gibt doch irgendwie eine Verbindung zur Heimat. Wie wäre es, wenn jeder, der mehr als zwei Mal meine Seite aufgerufen hat, auch einen kurzen Satz schreibt? Das wäre toll. Nun geht es weiter Richtung Beziers, weg von der Küste. Der Wind lässt nicht nach. Steigungen kommen hinzu. In Agde mache ich wieder Pause. Es ist ein schönes, beschauliches Städtchen mit einem netten und gemütlichen Zentrum. Hier setze ich mich in ein Cafe und trinke einen Cafe au Lait. Während ich ihn genüsslich schlürfe, schlafe ich dreimal ein, so müde bin ich. Aber irgendwie hilft mir der Kaffee. Ich kann weiterfahren. Kurz hinter Agde ist Vias, danach der Flugplatz Beziers-Vias, auf dem ich vor 27 Jahren mit der Bölkow Junior mit Rüdiger Kellner zum Tanken gelandet bin. Ich hätte mir damals nicht träumen lassen, dass ich eines Tages hier mit dem Fahrrad vorbeifahren würde! Beziers ist eine einzige Baustelle mit Riesenverkehr und vielen Umleitungen. Ich bin heilfroh, als ich wieder herauskomme. Die Landschaft in Richtung Narbonne ist wieder sehr schön. Wenn die Franzosen all den Wein auch trinken, den sie anbauen, dann muss das gesamte Land ein Alkoholproblem haben. Ich beschließe, in Narbonne für heute Schluss zu machen. 3 km südlich von Narbonne, in "La Nautique", soll laut meinem Campingführer ein guter Campingplatz sein. In Narbonne suche ich verzweifelt einen Stadtplan, den es nicht gibt. Auch hier wird viel gebaut. Nach einer Stunde Suchen fahre ich einfach weiter und verlasse mich auf meinen Orientierungssinn, und siehe da: Ich finde den Platz. Das Restaurant hat noch geöffnet, und ich finde einen Tisch mit einer Steckdose in der Nähe. Während ich mir eine Pizza mit Thunfisch und Zweibeln gönne, schreibe ich diesen Bericht. Gleich werde ich mein Zelt aufbauen, duschen und schlafen. Morgen werde ich dann wohl bis Spanien kommen. Die Schotten haben gesagt, im Wetterbericht sei ein Nachlassen des Windes vorausgesagt worden. Hoffentlich stimmt es. Von mit aus bräuchte er bloß die Richtung zu ändern. |